Schwestern der Freiheit by Lynn Austin
Autor:Lynn Austin [Austin, Lynn]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: ebook, Roman, E-Book, Schwestern der Freiheit
Herausgeber: Verlag der Francke-Buchhandlung GmbH
veröffentlicht: 2014-12-07T05:00:00+00:00
Kapitel 15
Sharpsburg, Maryland
September 1862
Phoebe kroch kurz vor Tagesanbruch aus ihrem Zelt und begab sich allein durch den Wald zum Fluss. Ihr Fieber, das die ganze Nacht gewütet hatte, war endlich abgeklungen. Sie fühlte sich noch immer geschwächt von diesem jüngsten Malariaschub, aber wenigstens zitterte sie nicht mehr. Der arme Ted konnte nicht viel geschlafen haben, da sie die ganze Nacht neben ihm gestöhnt und um sich geschlagen hatte. Irgendwann hatte er vom Regimentsarzt eine Dosis Chinin besorgt, und die hatte geholfen. Sie wusste nicht mehr, ob sie sich dafür bei ihm bedankt hatte.
Ihre Symptome waren seit dem Marsch durch den White-Oak-Sumpf im Juli beständig wiedergekehrt – zuerst alle paar Tage, aber inzwischen lagen mehrere Wochen zwischen den Anfällen. Anfang September war ihr Regiment bei Harrison’s Landing an Bord eines Dampfschiffes gegangen und den Potomac hinauf bis nach Washington gefahren. Sie waren also an den Ort zurückgekehrt, von dem sie sieben Monate zuvor aufgebrochen waren, ohne etwas erreicht zu haben. Die Union war noch immer gespalten. Richmond war noch immer die Hauptstadt der Rebellen. Die Schwarzen waren noch immer Sklaven. Die vielen Waffen, die lange Zeit, all die toten und verwundeten Soldaten – für nichts. Bei dem Gedanken an diese ungeheure Verschwendung wurde Phoebe ganz schlecht.
Das Regiment hatte noch nicht einmal ein richtiges Lager in Washington errichtet, als bekannt geworden war, dass die Rebellen auf dem Weg in Richtung Norden, nach Maryland, waren. Weil er einen Angriff auf Washington oder Baltimore fürchtete, hatte General McClellan seiner Armee den Befehl gegeben, ihnen entgegenzumarschieren. Phoebe und Ted hatten ihre Rucksäcke wieder gepackt und waren mit einer fünfundachtzigtausend Mann starken Armee und einem Zug aus dreitausend Wagen nach Maryland einmarschiert. Diesmal gab es keinen Schlamm, sondern nur riesige Staubwolken, die von den Tausenden Pferdehufen und trampelnden Füßen aufgewirbelt wurden.
Jetzt, nach mehreren Tagen Marsch und einer langen Fiebernacht, fühlte Phoebe sich schrecklich schmutzig. Sie war extra früh aufgestanden, um sich im Antietam abzukühlen, bevor die anderen aufwachten. Sie ließ ihre Uniform am Ufer liegen und watete in ihrer einteiligen Unterwäsche, die sie niemals ablegte, in das kühle Wasser. Aber es war beinahe ein Jahr vergangen, seitdem sie den Musselinstreifen um ihren Busen gebunden hatte, um ihn flacher zu machen, und der dreckige Stoff begann sich durch den Schmutz und Schweiß allmählich aufzulösen. Sie konnte ihn mit dem Finger durchbohren, als wäre er aus Papier. Phoebe knöpfte ihre Unterwäsche schnell auf, entfernte den zerschlissenen Stoff und ließ ihn flussabwärts treiben. Dann nahm sie das Stück Seife, das sie in ihren Ärmel gesteckt hatte, und wusch ihre verschwitzte Haut, bevor sie ihre Unterwäsche wieder zuknöpfte.
Es war ein gutes Gefühl, sauber zu sein, auch wenn das Wasser so kalt war, dass sie fröstelte. Phoebe legte sich rücklings in das flache Wasser und machte ihr Haar nass. Nachdem sie es mit der Seife sauber gerieben hatte, hielt sie die Luft an, um den Kopf unterzutauchen und die Haare auszuspülen. Als sie fertig war, erhob Phoebe sich aus dem Wasser. Die nasse Unterwäsche klebte wie eine zweite Haut an ihrem Körper.
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